Ise Bosch

Ise Bosch ist Stifterin, Autorin, Geschäftsführerin und Erbin des Unternehmers Robert Bosch. Als Stifterin kümmert sie sich vor allem um Menschenrechte, Frauen und Sexuelle Minoritäten. Auf dem Deutschen Seniorentag spricht sie am 25.11.2021 mit Klaus Töpfer und Ernst-Ulrich von Weizsäcker über „Die Zukunft fest im Blick: sozial, ökologisch und wirtschaftlich“. Ein Gespräch vorab.

Was ist gut am Älterwerden – Ise Bosch?
Nun, wir werden ja schon unser ganzes Leben lang älter, bringen also eine gewisse Erfahrung im Älterwerden mit. Mit mir selber werde ich etwas friedlicher. Älterwerden lässt die körperlichen Grenzen spüren, die lehren Demut, Loslassen, sich Fügen – alles friedliche Werte. Mit dem Rest der Welt werde ich mit dem Alter aber alles andere als friedlich. Ungerechtigkeit ärgert mich zunehmend. Ich beobachte, wie die Macht mit dem Älterwerden bei manchen quasi selbstverständlich zunimmt, besonders so um die Fünfzig, bei anderen eben nicht. Das ist nicht gut am Älterwerden.

Was hilft Ihnen beim Älterwerden?
Meine Meditations-Praxis. Mein Partner. Die Natur. All die lieben Menschen. Gebraucht zu werden.

Wer sollte etwas dazu beitragen, damit die Welt besser wird?

Wann wird die Welt besser? Das hat natürlich viele Aspekte, und viele davon haben gar nichts mit menschlichem Handeln zu tun. Aber einer ist natürlich: Wenn die Welt gerechter wird. Da richte ich mich, als Vermögende, speziell an andere Vermögende. Vermögende sollten zu einer besseren Welt beitragen, indem sie ihren Reichtum teilen, und das wissen die meisten auch. Nicht nur im Sinne eines freiwilligen „Zurückgebens“, weil man selbst mehr Glück gehabt hat als andere. Ich sehe, über diese Freiwilligkeit hinaus, auch eine moralische Verpflichtung dazu, Reichtum zu teilen. Eine Demokratie verträgt soziale Ungleichheit nicht gut. Vermögende stehen viele Mittel zur Verfügung, um Steuern zu vermeiden, aber sie sollten diese Mittel bewusst nicht nutzen. Steuern zu zahlen, und sich eher für als gegen Steuererhöhungen einzusetzen, sollte für Vermögende selbstverständlich sein. Vermögende sollten zudem mit Spenden gezielt unsere Demokratie stärken, im Sinn einer ausgleichenden Gerechtigkeit. Sie sollten helfen, dass niemand ausgeschlossen wird, um eine demokratischere, gerechtere Welt zu ermöglichen.

Wie wichtig ist der Beitrag jeder und jedes Einzelnen? 
Im Kampf gegen den Klimawandel zum Beispiel zeigt sich die objektive Notwendigkeit, dass wir alle zu einer Art Klimaaktivisti:nnen werden – natürlich hat da jede und jeder eine wichtige Rolle. Und auch wenn es um sozialen Wandel geht wissen wir, wissenschaftlich belegt, dass auch Einzelne und Wenige dabei eine große Rolle spielen, als „early adopters – Menschen, die Neuerungen als erstes ausprobieren.

Was können ältere Menschen tun?
Vererben Sie gut. Für zu viele Familien ist das Erben eher ein Unglück als ein Glück. Gut vererben beginnt nicht im stillen Kämmerlein, sondern pro-aktiv im Gespräch mit denen, die erben sollen. Seien Sie offen für das, was Sie dann hören.

Aber selbst wenn das materielle Erbe keine so große Rolle spielt: Teilen Sie Erinnerungen! Erzählen Sie den Jüngeren, wie die Natur damals ausgesehen hat, die Sie noch erleben durften – dass es sich lohnt, dafür zu kämpfen. Gerade jetzt brauchen wir diese Motivation. Die Klimakatastrophe wird uns alle viel kosten, und wer will schon verzichten? Aber da haben ältere Menschen Erfahrung. Sie haben ein ärmeres und etwas egalitäreres Deutschland erlebt. Sie können am besten klarstellen, dass materieller Luxus nicht Alles ist. Wer in der DDR lebte, kennt noch ganz andere Aspekte von gesellschaftlichem Zusammenhalt. Nichts davon war perfekt. Aber für unsere jetzigen Schwierigkeiten – materieller Überfluss und gleichzeitig soziale Entfremdung und Umweltzerstörung – dafür müssen wir wissen, warum wir uns einschränken sollen.

Sie haben einmal gesagt „Eine Spenderin ist eine, die sich im Klaren ist, was sie geben kann.“ Wie wird man sich darüber klar, was man geben kann?
Am meisten Freude macht Spenden bei Dingen, von denen wir wirklich etwas verstehen. Sich also vorzunehmen, beispielsweise das Thema „Tschetschenien“ interessiert mich, wer macht dazu denn gute Arbeit. Je länger man mit einem Spendenthema befasst ist, desto besser wird die Spendenarbeit, und desto befriedigender. So geben wir mehr als Geld: Aufmerksamkeit, Wissen, Einsatz. Es ist gut, sich das einmal klar zu machen. Sich finanziell realistische Spendenziele zu setzen ist ganz einfach. Die eigene Bank kann bei der finanziellen Lebensplanung helfen – dabei kommt heraus, wie viel Sie übrig haben, und wieviel Sie abgeben können. Ich habe ein Buch dazu geschrieben, in dem sie erfahren, was für ein Spendentyp sie sind und wie sie ihre Spenden gut planen können.

Interview: Valeska Zepp

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